Fans und die Stars
Jugendfrei. Stars zu verehren ist völlig normal, sagen Experten.
Bis zu einem gewissen Alter. Muss man sich Sorgen machen? Eine
liebe Freundin, nennen wir sie M., ist fanatische Verehrerin von
Radiosprechern, schnipselt Artikel über Fußballmusiker aus der
Zeitung und sammelt Autogrammkarten. Krankhaft?
"Das ist der erste Schritt zur Ausbildung einer eigenständigen
Individualität", beruhigt der Psychotherapeut Gerald Kral, "und
ganz normal." In der Pubertät. M. ist aber schon fast 21 und schwärmt
immer noch von Jan-Pieter Martens. "Wenn sich das nicht legt",
erzählt der Psychologe Professor Max Friedrich, "dann braucht
man freilich therapeutische Hilfe".
Also völlig normal, wenn 15-jährige Mädchen so wunderbar tanzen
wollen wie Britney Spears, aber mit 20 ist Schluss mit lustig.
Aus mit Starfotos und Moderatoren um ihre Wortspielereien beneiden.
"Wenn man selbst noch nicht genug Selbstbewusstsein hat, dann
will man sich mit Stars identifizieren", erklärt Friedrich. Mit
Britney, weil sie zum Playback so schön durch die Gegend springt.
Oder mit Stefan Raab, weil er alles und jeden verarscht. Die
Jugendlichen stehen klassenweise auf seine Art von Humor. "Der
Kult um ihn hat bereits Boygroup-artige Formen angenommen", berichtet
Raabs Pressesprecher Nico Wirtz. "TV Total ist ein absoluter Pflichttermin
für mich und meine Freunde", bestätigt die 15-jährige Laura. "Die
Jugendlichen beneiden ihn darum, dass er sagen kann was er will",
erklärt Wirtz weiter. Und Kral ergänzt: "Man versucht, im Zuge
der Identitätsfindung sich ein bisschen was von Stars abzuschauen".
Also vom Humor eines Stefan Raab oder, wie im Fall von M., von
der Diktion Grissemanns und Stermanns. Auf Dauer können Fans ganz
schön lästig sein.
"Zu Prominenten wie Radiomoderatoren, mit denen man leicht in
Kontakt treten kann, bauen Fans eine intensivere Beziehung auf",
berichtet Friedrich. Angst muss der Durchschnittsstar aber nicht
haben. Im Normalfall beschränkt sich die Verehrung auf Terroranrufe
und Geschenke vor der Haustür. So weit würde M. freilich nie gehen,
schwört sie. M. mag auch Fußball, aber der Gruppendynamik ist
sie nicht verfallen. "In der Gruppe wird auch der Schwache mächtig,
man gehört dazu", erklärt Friedrich dieses Phänomen. So sieht
das auch Andy, 16-jÄhriger GAK-Anhänger: "Der Hauptgrund, warum
ich Fan bin, ist die Gemeinschaft." Also "wir gegen die" und damit
das auch deutlich wird, sind viele nach dem Prinzip der Uniformität
von oben bis unten in die Vereinsfarben gehüllt.
Das geht M. dann doch zu weit. Statt sich Schlachtgesänge von
der Seele zu schreien, beobachtet sie die Fußballer und denkt
neidisch an die 14-jährigen, die hysterisch kreischen, während
sie nur gemäßigt klatschen darf. Des Alters wegen. Das Unterdrücken
kann auf Dauer nicht gut sein für M. Aber das ist eine andere
Geschichte.