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Magie der Gedanken

 

Mit dem linken Fuß zuerst aus dem Bett, unter einer Leiter durchgehen oder das Begegnen einer schwarzen Katze bringen Unglück. Festes Daumendrücken oder intensives Beschwören bringen der Lieblingsmannschaft den Sieg oder den ersehnten Lottojackpot. Diese und ähnliche Ereignisse mit ihren Folgen entspringen dem sogenannten magischen Denken des Menschen. Mit diesem Verhalten beschäftigt sich eine Studie der Princeton und Harvard Universität.

Dieses magische Denken, also der Glaube daran, dass die eigenen Gedanken zu einem bestimmten Resultat führen, sowohl positiver als auch negativer Natur, kann bei extremer Ausprägung den Charakter einer Zwangsstörung annehmen. Dabei ist magisches bzw. magisch-animistisches Denken ein völlig normales Phänomen im Rahmen der Entwicklung im Kindesalter und typisch für die Weltsicht und Erlebensweise von Vorschulkindern bis etwa ins sechste Lebensjahr. Unter magisch-animistischem Denken versteht man das Phänomen, dass sich Kinder Gegenstände ihrer Umgebung belebt vorstellen und Dingen auch Gefühle bzw. einen Willen zuschreiben. So behaupten sie z.B. dass ihre Puppe jetzt noch nicht schlafen möchte oder der Teddy Hunger hat oder die Bausteine traurig sind, wenn sie so herumgeworfen werden; häufig ist das in Spielhandlungen eingebettet. In vielen Kulturen ist das auch bei Erwachsenen häufig anzutreffen, und bei genauerer Betrachtung, auch in der aufgeklärten modernen westlichen Kultur gar nicht so selten ­ man denke nur an manche Hypothesen, die Benutzer von Computern angesichts des "nicht Wollens" des Rechners entwickeln.

Experimente

Dass magisches Denken weiter verbreitet ist als vermutet, zeigt eine neue Studie von Emily Pronin und Mitarbeitern (2006) zum Thema "Magische Kraft im Alltag." Die Studie geht davon aus, dass magisches Denken aufkommt, wenn Menschen annehmen, dass sie selbst Geschehnisse mittels ihrer Gedanken beeinflussen können. Dies erfolgt auf Basis ihrer Wahrnehmung der Relation zwischen ihren Gedanken und der nachfolgenden Ereignisse. Wenn Menschen ihre eigenen Gedanken als die Urheber von Ereignissen empfinden, dann erklärt dies, wie sie dazu kommen, ihren eigenen Einfluss bezüglich verschiedenster Ereignisse zu überschätzen. In den zwei Studien wurde der Effekt des individuell persönlichen Gedanken und die dabei empfundene Beeinflussung auf Ergebnisse untersucht, welche zum einen physische Gesundheit (Studie 1) und zum anderen sportliche Leistung (Studie 2) betraf.

Studie 1:Voodoo

"Der Voodoo- Fluch des Hexendoktors" ist der Titel des ersten Experiments. Dabei wurden zufällig ausgewählte Studenten der Harvard Universität getestet. Die 36 Frauen und Männer wurden zu einer Untersuchung von "psychosomatischen Symptomen- also physischer Gesundheitsaspekte welche aus psychologischen Faktoren resultieren ­ im Kontext von haitianischen Voodoo" geladen. In diesem vorgegebenen Voodooversuch wurden Puppen verwendet, welche für den "Voodoo-Tod" gebräuchlich sind. Den Testpersonen wurde nun der Umgang mit diesen Puppen und das Voodooprinzip nahe gebracht. Sie mussten "schlimme Gedanken" auf ihr Opfer lenken und danach wurden sie aufgefordert fünf Nadeln in die Voodoopuppe zu stechen - in die sogenannten fünf großen Schwachstellen des menschlichen Körpers: Kopf, Herz, Magen, die linke und die rechte Seite. Nach dieser abgeschlossenen Prozedur wurde das anwesende Opfer (das von den Testleitern "eingeschleust" wurde, also nur simulierte) angehalten, körperliche Symptome, wie Kopfweh, vorzutäuschen. Das Resultat dieses Experiments ergab, dass ein Großteil der Teilnehmer glaubten, dass aufgrund ihrer schlechten Gedanken und der unterstützenden Voodoo-Tat, sie tatsächlich die Beschwerden des Opfers verursacht haben.

Dieses Experiment beleuchtete die negative Seite des magischen Denkens. Ob dieses Verhalten sich auch im positiven Bereich zeigt, untersuchte das zweite Experiment zum Thema Sport.

Studie 2: Basketball

Wieder wurden zufällig ausgewählte Studenten als Testpersonen rekrutiert. Ihre Aufgabe war es, einem Basketballspieler zuzuschauen. Diesem Spieler waren die Augen verbunden worden und die Studenten nahmen an, dass er nichts sehen kann, was allerdings eine absichtliche Irrtumsführung war. Die Augenbinde war eine Attrappe. Die Studenten wurden nun aufgefordert, ganz fest an den Erfolg des "blinden" Basketballspielers zu denken. Und tatsächlich erzielte der Spieler eine beachtliche Anzahl an Körben (da er ja tatsächlich sehen konnte). Nach dem Experiment wurden die Teilnehmer befragt, ob sie glauben, dass ihre Gedanken tatsächlich das Resultat des Spiels beeinflusst hätten. Das Ergebnis entspricht der Vorhersagen der Autoren, denn die meisten der Studenten glaubten fest daran, dass sie mittels ihrer positiven Gedanken das gute Ergebnis des Basketballspielers beeinflusst haben.

Abschließende Gedanken

Warum ergeben sich nun Menschen solchen Illusionen von Spezialkräften? Wohl geht es auch um das Gefühl einen Wunsch in Erfüllung gehen lassen zu können, indem ich einfach daran denke. Pronin vermutet, dass dieses magische Denken unter anderem auch darauf zurückzuführen ist, dass der Mensch seinen eigenen Gedanken ständig ausgesetzt ist und man dadurch die Verbindung der eigenen Gedanken zu Geschehnissen der Aussenwelt leicht übeschätzt. Auch spielt dieses Denken vor allem bei Menschen mit großer Unsicherheit oder auch geringem Selbstwertgefühl ein wichtige Rolle. Somit könnte magisches Denken auch als Schutzmechanismus gedeutet werden.

Quelle: Journal of Personality and Social Psychology

 

Unser Kommentar: Täglich versuchen wir alles was rund um uns herum passiert, zu kontrollieren. Wir streben nach Glück, Erfolg und Zufriedenheit, da möchte man doch nichts dem "Zufall" überlassen. Aber nicht alles lässt sich kontrollieren oder bestimmen, zumindest offensichtlich. Um auch mit diesen Situationen klar zu kommen, erschaffen wir uns eine magische Seite, die dann für uns die Kontrolle übernimmt. Als rational denkende, von der Wissenschaft geprägte Gesellschaft stellt dies eine interessante Gegenbewegung dar. Der Glaube an sich selbst und an die Macht der eigenen Gedanken ist bei vielen Menschen stark ausgeprägt. Oft wird dieses magische Denken auch bestätigt und wenn nicht, übersehen wir das glimpflich ­ ähnlich dem Horoskop: Ist es vorteilhaft, glaube ich daran, wenn nicht ­ macht doch nichst, stimmt eh nicht... Es ist bestimmt wichtig, an etwas zu glauben, vor allem an sich selbst, auch wenn es wissenschaftlich gesehen unseriös erscheint. Solange sich dieses magische Denken in Grenzen hält und vor allem positiver Natur ist, kann es kaum schaden. Gefährlich wird es erst, wenn jemand sein Empfinden, seine Gemütsverfassung oder seinen Lebenswandel davon abhängig macht. Die Gefahr, dass man sich in solche Orakel hineinsteigert, ist durchaus real. Die folgenden Enttäuschungen können ganze Existenzen bedrohen. Zu viele oder riskante Wetteinsätze haben schon so manchen Spieler in den Ruin getrieben­ trotz positiven Denkeinsatztes. Wenn das Konto leer ist, nützt es wenig, fest an den Sieg gedacht zu haben - Glücksspiel bleibt Glücksspiel und folgt den natürlichen Zufallsprinzipien. Aber Daumendrücken für die Mannschaft oder das feste Glauben an den eigenen Erfolg sind durchaus bedenkenlos ­ und dass man unter einer Leiter nicht durchgehen sollte, sagt der Hausverstand, denn wer will schon von einem herunterfallenden Farbeimer getroffen werden?

B. Oberwalder/Zentrum Rodaun

 

 

Link:

Pronin, E., Wegner, D., McCarthy, K. & Rodriguez, S. (2006). Everyday Magical Powers: The Role of Apparent Mental Causation in the Overestimation of Personal Influence. Journal of Personality and Social Psychology, 91, 218-231

 

 


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