Die Liebe zum Kind kommt oft nicht "automatisch"
Viele Frauen haben Probleme mit dem "Mutterglück"
"Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr" - das Sprüchlein ist bekannt. Für
die Mutter gilt es nicht: Mutterliebe wird stillschweigend vorausgesetzt. Dabei bereitet es
vielen Frauen große Probleme, eine Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen.
Viel mehr Frauen als weithin angenommen haben große Probleme, eine Bindung zu ihren
Babys und Kleinkindern aufzubauen. Meist seien Überforderung oder Schwierigkeiten mit
dem Partner die Ursache, doch gestörte Mutter-Kindbeziehungen seien bisher
unzureichend erforscht.
Nach Ansicht des britischen Psychiaters Prof. Ian Brockington (Birmingham) hat dies in
besonders schlimmen Fällen viele Kinder das Leben gekostet. "Mutterliebe ist nicht
angeboren. Die Bindung zwischen Mutter und Säugling muss hart erarbeitet werden", sagte
Brockington am Donnerstag beim 11. Internationalen Kongress für Kinder- und
Jugendpsychiatrie in Hamburg.
Brockington beobachtet seit 1975 Mütter mit Bindungsproblemen in seiner Birminghamer
Klinik. Die Ablehnung des Kindes beginne oft schon während der Schwangerschaft,
besonders wenn diese ungewollt sei. "Manche schlagen auf ihren Bauch ein und verletzen
damit den Fötus, andere entwickeln einfach keine Beziehung zum Baby." Für diese Frauen
sei der Fötus "wie ein Krebs, der in ihrem Unterleib wuchert."
Durch regelmäßige Gespräche mit Sozialarbeitern könne aber fast allen geholfen werden.
Hinzu komme eine begleitende Spiel-Therapie für Mutter und Säugling. "Wir haben eine
Erfolgsrate von fast 100 Prozent", sagte Brockington.
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