Traumata in Kindheit hinterlassen "Narben" im Gehirn
Gestörte Mutter-Kind-Beziehung beeinflusst Lernkapazität negativ
Magdeburg - Forscher am Leibniz-Institut für Neurobiologie http://ifn-magdeburg.de in Magdeburg haben entdeckt, dass eine Vernachlässigung oder
traumatische Erlebnisse in der Kindheit vermutlich "funktionelle
Narben" im Gehirn hinterlassen.
"Ist die Mutter-Kind-Beziehung in den ersten Wochen und Monaten
gestört oder kommt es zum Verlust der Bezugsperson, somit können
für die Verhaltensentwicklung wichtige Strukturen nicht reifen",
erklärte die Neurowissenschaftlerin Anna Katharina Braun. Dadurch
würde nicht nur die Gefühlswert des Kleinkindes verändert, sondern
auch dessen Lernkapazitäten negativ beeinflusst werden. Diese
Forschungsergebnisse werden von 16. bis 19. September auf dem
10. Internationalen Neurobiologischen Symposium http://www.fan-magdeburg.de/symposium in Magdeburg diskutiert.
Die Veränderungen betreffen bestimmte Regionen des limbischen
Systems. Das System spielt sowohl bei der Steuerung von Gefühlsregungen,
bei emotional gesteuerten Verhaltensweisen als auch bei Lernprozessen
eine wichtige Rolle. Bisher konnten Fehlentwicklungen während
der frühkindlichen Entwicklung nicht oder nur sehr schwer in späteren
Lebensjahren korrigiert werden.
Derzeit richtet die Forschung ihr Interesse auf die Kontaktstellen
zwischen den rund 20 Milliarden Nervenzellen des Gehirns. Diese,
als Synapsen bezeichnete Stellen, reagieren beim Lernen, Speichern
und Erinnern sehr flexibel. In diesem Zusammenhang spricht die
Neurobiologie von Plastizität. Gelingt es, diese genauer zu verstehen,
könnte das zu besseren Trainingsmethoden für das Gehirn führen.
Unser Kommentar: In den jüngster Zeit ist zu beobachten, daß die Neurowissenschaften
mit verfeinerten Forschungsmethoden Ergebnisse hervorbringen,
die Hypothesen und Modelle psychodynamisch orientierter Konzepte
wie z.B. der Psychoanalyse - die oft als unbewiesen und spekulativ
bezeichnet worden sind - im Nachhinein untermauern. Von diesen
Untersuchungen sind in Zukunft noch viele spannende Ergebnisse
zu erwarten.