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Familienstand: Ex-Vater

von Birgit Oberwalder

 

Eine Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung beschäftigt sich mit der Frage, wie es dazu kommt, dass Väter nach einer Scheidung oder Trennung keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern haben. Zusätzlich beschäftigt sich die Studie auch mit Vätern, die bewusst den Kontakt abbrechen.

 

Für die Untersuchung wurden vorwiegend Daten aus dem angloamerikanischen Raum verwendet. Weiters erfolgte für die Studie eine Datenerhebung aus Österreich, welche ergab, dass 11% der befragten getrennten bzw. geschiedenen Väter keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern haben. Allerdings gaben insgesamt 40% der Befragten keine Angaben. Dies legt die Vermutung nahe, dass der Prozentteil der kontaktabbrechenden Väter doch um einiges höher liegt. Aus anderen Studien zu diesem Thema ist bekannt, dass die Abbruchrate bei rund etwa der Hälfte aller betroffenen Väter liegt. Aufgrund der Angabenverweigerung sind die Daten aus dem deutschsprachigen Raum nur eingeschränkt verwendbar.

Gründe für den Kontaktabbruch

Von vornherein auszuschießen ist die Annahme, dass ein einzelnes Ereignis als Auslöser oder Ursache für eine Trennung genannt werden kann. Unterschiedlichste Einflussfaktoren, die sich wechselseitig beeinflussen und dadurch ein komplexes Zusammenspiel ergeben, verursachen meist den Kontaktabbruch. So kann es zu Konflikten zwischen den Eltern kommen, wenn der Vater eine stärkere Beteiligung an der Erziehung wünscht und damit das Bild der Mutter stört, dass das Kind nur die Mutter als wichtigste Ressource braucht. Der aktive Vater würde hier eine direkte Konkurrenz zur Mutter darstellen, die sich in ihrer Kompetenz eingeschränkt fühlt.

Ein weiterer Faktor ist eine neue Partnerschaft einer der beiden Elternteile. Hier kann vorkommen, dass Kinder aus der "alten" Beziehung für den/die neue/n Partner/in als Konkurrenz erlebt werden. Die Kindesmutter kann angesichts der neuen Partnerin des Vaters versuchen, das Kind dem Vater zu entziehen, weil sie Angst um ihre Position als Mutter hat. Dasselbe gibt es auch umgekehrt. Hier gilt, je besser die väterliche Identität gefestigt ist, desto weniger lässt sich der Vater durch äußere Umstände beeinflussen oder in seinem Kontakt zum Kind behindern. Meist findet bei einer neuen Partnerschaft eine Umstrukturierung von Beziehungen statt. Die Beziehung zu dem getrennten Nachwuchs wird neu definiert.. Laut den Untersuchungen findet eine Veränderung in Richtung Abbruch vor allem dann statt, wenn der Vater in einer neuen Partnerschaft lebt.

Weiters entscheidend für einen Kontaktabbruch ist der soziale Status des Vaters. Umso höher die berufliche Stellung und das Bildungsniveau des Vaters, desto seltener verliert er den Kontakt zum Kind. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass Väter im höheren sozialen Status besser informiert sind, bzw. über einen leichteren Zugang zu Wissen und Bildung verfügen.
Weniger Einfluss auf die Qualität des Kontakts zwischen Vater und Kind hat das Alter des Kindes zum Trennungszeitpunkt der Eltern.

Als kontaktfördernd gilt, wenn es dem geschiedenen Partnern gelingt, Paar- und Elterneben zu trennen. Entscheidend ist auch die Art, wie die erste Elternschaft erlebt wurde und wie die Qualität der Paarbeziehung vor und auch nach der Trennung war bzw. ist. Gelingt es den Eltern, eine gute Beziehung zueinander zu behalten und sind sie in der Lage die Kommunikation aufrecht zu erhalten, führt dies zu einer guten Kontaktqualität zum Kinde.

Was in der Theorie recht einfach klingt ist in der Praxis jedoch oft schwer umsetzbar. So kommt es meist zu einer Vermischung der Paar- und Elternebene. Helfen kann hier eine gezielte Unterstützung des Paares während der Trennung, mit Fokus auf die Beziehung zum Kind.

Das Vaterkonzept

Kommt es zu einer Trennung des Vaters von der Kindsmutter, so bedeutet dies meist, dass er aus der Kleinfamilie austritt. Dies hat zur Folge, dass sich seine väterliche Identität verändert. Das heißt, dass der Vater meistens nicht länger die Rolle des "Ernährers" inne hat und er sich eine neue Identität als Mann und Vater aufbauen muss.

Die gesellschaftliche Vorstellung der väterlichen Identität ist einem nachhaltigen Wandel unterworfen. Allerdings gestaltet sich die reale Umsetzung des neuen Vaterbildes - das eines aktiven, präsenten und verantwortlichen Vaters ­ eher langsam. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Gesellschaft am traditionellen Mutterbild festhält und somit Väter leichter aus ihrer Verantwortung entlassen werden. Diese traditionellen Mutter- und Vaterbilder, sowie die generelle Zunahme der Beziehungsbrüchigkeit bewirken, dass Väter sich leichter der Beziehung zu ihrem Kind entziehen können.

Der Mutterbonus

In der Studie wird der Faktor der sogenannten "mütterlichen Macht" erwähnt. Das heißt, Mütter haben einen "Bonus", da bei Trennungen meist der Mutter das Kind zugesprochen wird. Das wiederum bedeutet, dass sie die Macht hat, die Verbindung zwischen dem Kind und dessen Vater entweder zu begünstigen oder zu verhindern. Widerstrebt der Mutter der Vater-Kind Kontakt, so kann der Vater sich vergebens um den Kontakt bemühen, er hat kaum eine Chance. Die Rechtslage und der Verlauf des Scheidungsprozesses sind hier ebenso ausschlaggebend. So verliert der Vater nicht nur seine väterliche Kompetenz, sondern erlebt auch eine strukturelle Benachteiligung durch das Rechtssystem. Geschiedene Väter können ein Lied davon singen, wie langwierig sich Gerichtsprozesse um die Obsorge und das Besuchsrecht gestalten. Diese Zeit, die hier das Scheidungsverfahren und die gerichtliche Obsorgefrage beansprucht, ist nicht gerade förderlich für den Kontakt zwischen Vater und Kind. Oft kommt es gerade durch diese lange Zeit des Verhandelns zu einem Kontaktabbruch. Deshalb ist es dringend notwendig, auch während der Scheidung die Kontaktqualität aufrechtzuerhalten (sofern keine Gefährdung des Wohles des Kindes besteht).

Internationales Beispiel: Schweden

In der Nachkriegszeit schlug die Sozialpolitik in Schweden einen geschlechtergleichen Weg ein. So wird die finanzielle Leistung direkt an jene Person ausgezahlt, die sich um das Kind kümmert. Weitere Sozialleistungen konzentrieren sich ausschließlich auf die Mütter, das heißt, dass nicht der väterliche Unterhalt, sondern die mütterliche Erziehung honoriert wird.
Seit den 60er rückte, neben der Mutter-Kind-Beziehung, die Vater-Kind- Beziehung immer weiter in den Blickpunkt. Diskussionen hatten zur Folge, dass Schweden 1974 als erstes Land einen bezahlten Elternurlaub wahlweise für Vater oder Mutter einführte. Der/die Betreuende erhält dabei 80% des vorherigen Bruttogehaltes. Heute ist die Zweiversorgerfamilie in Schweden die Norm. Somit wurde das Familienernährermodell, wie es bei uns vorherrscht, abgelöst. Beide Elternteile sind somit Familienernährer und Kinderbetreuer.

Da sich allerdings zeigte, dass nur wenige Väter den Elternurlaub in Anspruch nahmen, wurde eine öffentliche Kampagne gestartet, die die Männer direkt ansprach und sie aufforderte, sich mit der Männer- und Vaterrolle auseinander zu setzen. Hinzu kam, dass zwei Monate des Elternurlaubs ausschließlich für Väter reserviert wurden und zehn Tage Freistellungsmöglichkeit für Väter nach der Geburt des Kindes geschaffen wurden. Diese wurden auch von fast allen Vätern in Anspruch genommen. Bei Erkrankung des Kindes erhalten Eltern weitere 60 Tage Freistellung und das Recht auf Teilzeitarbeit bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres des Kindes (der Anspruch auf einen Vollarbeitsplatz bleibt hier zusätzlich erhalten). Um dies alles umzusetzen, bedarf es eines gut ausgebauten Kinderbetreuungssystems.

Dieses System der Integrierung des Vaters in die Erzieherrolle hat zur Folge, dass die Ausgangsbasis für den Kontakt zum Kinde eine gänzlich andere ist, als etwa in Österreich. Um so besser die Situation vor der Scheidung des Elternpaares war ­ im Bezug auf Kindkontakt und auch die Beziehung zwischen den Eltern ­ desto einfacher und leichter gestaltet sich meist die Fortführung eines guten Kontakts zwischen den Kindern und dem geschiedenen Elternteil. Durch die geschlechterneutrale Zuteilung des Ernährers und Fürsorgers besteht auch weniger Konflikt zwischen der Mutter und dem Vater, welche beide Rollen innehaben.

Vatersein in Österreich

In Österreich gibt es keine Gesetze für Väter in der Form, die denen der Mutterschaft gleichkämen (Mutterschaftsgesetz, Mutter-Kind-Pass). Dies hängt damit zusammen, dass - auf der physischen Ebene gesehen - der Übergang zur Mutterschaft (Schwangerschaft, Geburt) nicht mit dem Übergang zur Vaterschaft vergleichbar ist. Weiters liegt es wohl auch an der einseitigen geschlechtsspezifischen Verfasstheit der österreichischen Familienpolitik. Probleme verursachen auch einige Widersprüche. So geraten Väter in eine Problematik, die zum einen durch die geschlechterabgrenzende Sozialpolitik und die vom Arbeitsmarkt geforderte Flexibilität und zum anderen durch die mediale und familienpolitische Forderung nach sozialer Vaterschaft verursacht wird. Nicht zu vergessen die Wünsche der Partnerin, nach aktiver väterlicher Teilnahme.

Quelle: Österreichisches Insititut für Familienforschung

 

 

Unser Kommentar: Trennungssituationen sind selten einfach. Oft ist es so, dass Kinder unter die "Aufteilung des ehelichen Vermögens" fallen, und um Kinder ebensolche Kämpfe inszeniert werden wie um andere Teile des "Vermögens". Manchmal ist der Kampf um die Kinder in Situationen, in denen Konflikte, Verletzungen und Kränkungen unausweichlich sind ­ wie bei Trennungen ­ das Feld, auf dem man glaubt, der/dem anderen nochmals kräftig weh tun zu müssen. Auf der Strecke bleiben dabei in jedem Fall die Kinder. An dieser Stelle wäre Beratung und Unterstützung ­ z. B. in Form von Mediation - besonders hilfreich, und das in einer nachhaltigen Form. Oft fühlen sich Paare, die sich trennen, so, als hätten sie aber auch schon gar nichts mehr gemeinsam ­ wenn es Kinder gibt, kann das schon nicht mehr stimmen. Gemeinsame Kinder sind etwas, was man immer gemeinsam haben wird; und von Mutter- oder Vaterschaft kann man sich auch nicht scheiden lassen. Insofern sind hier zwei der oben erwähnten Punkte besonders hervorzuheben: erstens die Beratungsmöglichkeiten für Elternpaare in Trennungssituationen und der Verweis auf die Trennung zwischen der Elterebene und der Paarebene.

Gerald Kral/Zentrum Rodaun

 

Links:

Irene M. Tazi-Preve (Österreichisches Institut für Familienforschung ­ Universität Wien. ): "Vom Kontaktabbruch der Vater-Kind-Beziehung. Kontaktabbruch nach Scheidung/Trennung ­ Hintergrund und Motivation."


Literaturtipps:

Gerhard Amendt: Scheidungsväter. Wie Männer die Trennung von ihren Kindern erleben. Bestellmöglichkeit bei amazon.at!

C. Obermann und K. Wilpert: Der Scheidungsratgeber für Männer. Bestellmöglichkeit bei amazon.at!

J. Volmert und S. Szesny: Wir bleiben eure Eltern! Auch wenn Mama und Papa sich trennen. Bestellmöglichkeit bei amazon.at!


Weitere Informationen zu diesem Themenbereich finden Sie in unserem Beitrag

Checkliste für getrennt lebende Eltern

 

 


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