"Modedroge" für hyperaktive KinderAls Mittel für hyperaktive Kinder wurde das Amphetamin Ritalin zur Modedroge. Doch die Kritik wird lauter: Experten halten den Einsatz in vielen Fällen für verfehlt. Es gibt wirksame Alternativen.
Die Krankheit ADHD
Zwischen drei und elf Prozent der Kinder in der Vorschule, so
schätzen Experten, leiden am Aufmerksamkeits-DefizitSyndrom (ADD
oder ADHD). Man bezeichnet sie auch als hyperaktive Kinder. Solche
Kinder werden ständig in ihrer Konzentration unterbrochen, können
keiner monotonen Aufgabe folgen. Oft können auch emotionale Impulse
nicht unterdrückt werden: Die Kleinen werden laut, stören im Unterricht,
verhalten sich aggressiv gegenüber ihren Altersgenossen. Zuhause
befolgen sie kein Verbot, ihre Aufmerksamkeit wandert in Sekundenbruchteilen
von einem zum anderen. Wie unkontrollierbare Kreisel machen sie
den Rest der Familie verrückt.
Die Ursachen
Was genau für die gestörte Aufmerksamkeit der hyperaktiven Kinder
verantwortlich ist, konnte noch nicht geklärt werden. Es wird
vermutet, dass von außen auf das Kind einströmende Reize im Gehirn
nicht ausreichend unterdrückt werden können.
Das Mode-Medikament Ritalin
Etwa die Hälfte der betroffenen Kinder behandelt man mit dem Medikament
Ritalin. Sein Wirkstoff ist Methylphenidat, eine dem Amphetamin
ähnliche Substanz mit stimulierender Wirkung auf das Gehirn. Paradox:
Was bei Erwachsenen wie ein Aufputschmittel wirkt, hat bei den
Kindern beruhigende Wirkung. Der Grund dafür: Das stimulierte
Gehirn kann mit der immensen Informationsflut besser umgehen
und sich auf das Wesentliche konzentrieren.
Die Kritik
Kritik 1: Das Medikament wird jedoch häufig vorschnell verschrieben. Ernst
Berger, Leiter der Kinderabteilung am Neurologischen Krankenhaus
Rosenhügel, meinte gegenüber surfmedNews: "90 Prozent der Kinder,
die mit der Verdachtsdiagnose ADHD in die Praxis kommen, sind
gesund." Die Grenze zwischen einem aufgeweckten, impulsiven, vielleicht
schwierigen Kind und einem krankhaft hyperaktiven Kind ist kaum
zuverlässig zu ziehen. Aufwendige psychologische Tests sind nötig,
die das Verhalten des Kindes in unterschiedlichen Situationen
beurteilen. Nur wenige Ärzte machen sich diese Mühe.
Die Stellungnahme der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie Auf der Homepage dieser Fachvereinigung findet sich folgende Stellungnahme vom April 1998 zur Anwendung des Medikamentes:
1) Diagnose / Indikation:
Die Indikationsstellung soll an einer Abteilung / Station für
KJNP - nach Möglichkeit im Rahmen einer stationären Aufnahme -
Die Alternativen Immer mehr Eltern haben aber Bedenken, ihre Kinder mit psychoaktiven "Drogen" zu füttern und das möglicherweise über Jahre. surfmedNews hat natürliche Alternativen zusammengestellt und von Experten beurteilen lassen. Klicken Sie hier, um direkt zu dieser Übersicht zu gelangen. © surfmed.at, ÖGKJNP
Unser Kommentar: Es kann nicht oft genug betont werden, wie wichtig eine sorgfältige diagnostische Abklärung von Verhaltensauffälligkeiten ist, auch mit Hilfe psychologischer Tests. Bei weitem nicht jedes Kind, das - in manchen Situationen - "hyperaktives" Verhalten zeigt, leidet an einem Hyperaktivitätssyndrom, das medikamentös behandelt werden muß, obwohl es natürlich auch solche Kinder gibt. Kindliches Verhalten, das wie Hyperaktivität im Klinischen Sinn ausschaut, kann sehr viele verschiedene Ursachen haben, die auch rein psychodynamisch sein können und daher psychotherapeutisch zu behandeln sind. Nocheinmal: Nur eine sorgfältige diagnostische Abklärung, auch der psychischen Situation eines Kindes, kann Klarheit über die Ursachen des zu beobachtenden "hyperaktiven" Verhaltens und damit auch Klarheit über die Behandlungsmethode der Wahl schaffen. Dafür spricht sich letztlich auch die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendneuropsychiaatrie aus. G. Kral/Zentrum Rodaun Weitere Informationen zum Thema Hyperaktivität finden Sie im Beitrag Psychopharmaka für Kleinkinder |