Ein Löfferl für die Oma... von Eva Jansenberger
Werden kleine Kinder regelmäßig von ihren Großeltern betreut, haben sie ein deutlich höheres Risiko übergewichtig zu werden. Das hat eine Studie des University College London mit 12.000 Dreijährigen ergeben. Wissenschafter des University College London haben kürzlich eine Studie veröffentlicht, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Übergewicht bei Kleinkindern und der überwiegenden Art der Betreuung dieser Kinder beschäftigt. Dazu wurden 12.000 dreijährige Kinder und die Art der Betreuung, die sie die im Alter zwischen neun Monaten und drei Jahren erhielten, untersucht. Um herauszufinden, wie die Kinder überwiegend betreut wurden, führten die Forscher Interviews mit den Müttern der untersuchten Kinder durch. Das erste Interview fand statt, als die Kinder neun Monate alt waren. Hier wurden erfragt, ob die Mütter ihre Kinder stillten und wenn ja, für wie lange und ab wann sie ihren Kindern feste Nahrung gaben. Zweck dieser ersten Interviewreihe war, den Einfluss der Ernährung im Babyalter auf eventuelles späteres Übergewicht zu erforschen. Als die Kinder drei Jahre alt waren, fand das zweite Interview statt, in welchem die Mütter nach der überwiegenden Art der Kinderbetreuung seit dem ersten Interview gefragt wurden. Zu diesem Zeitpunkt war etwa ein Viertel der untersuchten Kinder übergewichtig. Als Maß für das Übergewicht wurde der Body Mass Index (BMI) herangezogen. Gemäß der Definition der IOTF (International Obesity Task Force) gelten dreijährige Kinder ab einem BMI von 17.56 (Mädchen) bzw. 17.89 (Buben) als übergewichtig.Private vs. institutionelle Betreuung Es wurden zwei Arten der Betreuung unterschieden: private Betreuung durch Großeltern, Verwandte, Freunde, Nachbarn oder Babysitter und institutionelle Betreuung in einer Kinderkrippe. Auch die überwiegende Betreuung durch ein Kindermädchen oder Au-pair wurde der zweiten Kategorie zugerechnet. Eine weitere Komponente der Studie war der soziale Status, der aus einer Kombination aus Wohngegend und Bildung der Mutter ermittelt wurde. In der Studie wurden drei Gruppen untersucht: Kinder in institutioneller Betreuung, Kinder in privater Betreuung und Kinder, die ausschließlich von den Eltern betreut wurden. Weiters wurde hinsichtlich Ausmass der Betreuung unterschieden: Vollzeitbetreuung (mehr als 30 Stunden pro Woche), Teilzeitbetreuung (10 bis 30 Stunden pro Woche); Kinder, die weniger als 10 Stunden in Betreuung waren, galten in der Studie als ausschließlich von den Eltern betreut. Einige Faktoren, wie z.B. Übergewicht der Mutter, Anzahl der Kinder im Haushalt oder Geburtsgewicht des Kindes, die in vorhergehenden Analysen bereits als Einflussgrößen für Übergewicht bei Kindern identifiziert werden konnten, wurden ebenfalls berücksichtigt.Höheres Risiko bei privater Betreuung Die Untersuchung ergab, dass Kinder, die überwiegend privat betreut wurden, deutlich öfter übergewichtig waren, als Kinder in institutioneller Betreuung und Kinder, um die sich die Eltern ausschließlich selbst kümmerten. Dies wurde besonders bei Kindern in ganztägiger privater Betreuung deutlich. Beim Vergleich der sozioökonomischen Gegebenheiten, stellte sich heraus, dass ganztags privat betreute Kinder eher zu Übergewicht neigten, wenn die Mütter höhere berufliche Positionen innehatten, über eine höhere Bildung (Universitäts-ausbildung) verfügten oder mit einem Partner zusammenlebten. Im Vergleich dazu waren Kinder mit den gleichen Voraussetzungen, die von den Eltern betreut wurden, seltener übergewichtig. Eine um 34% höhere Wahrscheinlichkeit, übergewichtig zu werden, hatten Kinder, die von den Großeltern betreut wurden. In diesem Fall stellte sich heraus, dass das Risiko auch bereits bei Teilzeitbetreuung durch die Großeltern gegenüber anderen Betreuungsformen um 15% erhöht ist. Allerdings zeigte sich auch bei anderen Formen der privaten Kinder-betreuung im Vergleich zu institutioneller Betreuung ein erhöhtes Risiko. Hingegen waren zwischen Kindern in institutioneller Betreuung und solchen, die ausschließlich von den Eltern betreut wurden unabhängig von ihrem sozio-ökonomischen Status - keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Übergewicht feststellbar. Ob die Kinder während der ersten Lebensmonate gestillt worden waren oder nicht hatte ebenfalls keinen Einfluss auf das Risiko, übergewichtig zu werden. Bei der Interpretation der Studienergebnisse muss allerdings berücksichtigt werden, dass weder die Art der Ernährung noch das Ausmaß der körperlichen Aktivität während der Dauer der Betreuung erhoben wurde. Auch die Charakteristika der privaten Betreuer wurden nicht in die Untersuchung einbezogen. Allerdings bestätigen einige frühere Studien einen Zusammenhang zwischen privater Betreuung und Übergewicht.Nachgiebigkeit und Bewegungsmangel Die Studienautoren vermuten, dass Großeltern gegenüber ihren Enkeln häufig zu nachgiebig sind, was unter anderem auf die Essgewohnheiten der Kleinen auswirkt. Bewegungsmangel wird als zweite mögliche Erklärung genannt. Die Betreuung der Kinder durch die Großeltern ist bei den Eltern sehr beliebt. Großeltern sind nicht nur zeitlich flexibler, die Kinderbetreuung durch Oma oder Opa wird auch in Hinblick auf den emotionalen Aspekt als beste Alternative zur elterlichen Betreuung gesehen. Die Studienleiterin Catherine Law fordert daher Unterstützung und Information für private Kinderbetreuer. Vor allem dürfe Essen nicht als Belohnung angeboten werden. Auch mehr Bewegung in den Alltag einzubauen, hielte sie für sinnvoll.Quelle: International Journal of Obesity, orf.at, BBC News
Unser Kommentar: Nach Angaben des Österreichischen Instituts für Familienforschung betreut jeder vierte Großelternteil zumindest manchmal die Enkel. Großeltern unter 60 Jahren tun dies mit 57% besonders häufig. Rund ein Viertel der betreuenden Großeltern kümmert sich fast täglich um die Enkelkinder. Fast zwei Drittel sehen es als großelterliche Pflicht, bei der Enkelbetreuung behilflich zu sein. Die Betreuung durch die Großeltern spielt somit auch in Österreich eine wichtige Rolle. Besonders die Omas tragen wesentlich zur Kinderbetreuung und -erziehung bei. Es kann allerdings vorkommen, dass die Vorstellungen von Eltern und Großeltern in Erziehungs- und insbesondere in Ernährungsfragen auseinander gehen. Die größere Nachsicht der Großeltern kann mehrere Gründe haben. Großeltern sind aufgrund der Erfahrungen in der Erziehung ihrer eigenen Kinder häufig gelassener in Erziehungsfragen. Auch ihre größere psychische und altersmäßige Distanz kann dazu beitragen, dass sie sich ihren Enkeln gegenüber weniger streng verhalten. Darüber hinaus haben sie einfach Freude daran, die Kleinen auch mit Süßigkeiten - zu verwöhnen. Besonders Großeltern, die ihre Enkel ganztags betreuen, können außerdem das Gefühl haben, diese besonders umsorgen zu müssen, da sie glauben, dass die Kinder darunter leiden, dass ihre Eltern wenig Zeit für sie haben. Es ist daher besonders wichtig, dass Eltern und Großeltern sich in grundlegenden Fragen, wozu auch eine gesunde und ausgewogene Ernährung gehören sollte, einigen und aufeinander verlassen können. Dies setzt sowohl eine gute Kommunikationsbasis sowie ausreichendes Wissen über die richtige Ernährung voraus. Besonders in Ernährungsfragen sollte allerdings von beiden Seiten Toleranzbereitschaft bestehen. Eva Jansenberger/Zentrum Rodaun
Literaturtipps: Peace, L., Li, L., Abbas, J. et al. (2010): Is childcare associated with the risk of overweight and obesity in the early years? Findings from the UK Millenium Cohort Study. In: International Journal of Obesity, advance online publication, Feb. 9, 2010, doi:10.1038/ijo.2010.15 Gürtler, Helga: Kinder lieben Großeltern: Ein Ratgeber für das Leben mit Enkeln. Bestellmöglichkeit bei amazon.at! Stoppard, Miriam: Das Großeltern-Buch. Der Ratgeber für eine ganz besondere Beziehung. Bestellmöglichkeit bei amazon.at! Eugster, Gabi: Kinderernährung gesund & richtig: Essen am Familientisch genießen. Bestellmöglichkeit bei amazon.at! Weitere Informationen zu diesem Themenbereich finden Sie in unseren Beiträgen Elterliche Vorbilder - übergewichtige Gene "Essen ist oft eine Ersatzbefriedigung"
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