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Rund und ungesund - die neue Generation?

von Birgit Oberwalder

 

Am 11. Europäischen Kongress für Adipositas (=Fettleibigkeit) wies Univ.Prof. Dr. Kurt Widhalm von der Universitätskinderklinik in Wien auf die Bedeutung von Übergewicht bei Kindern hin. So ist jedes fünfte Kind in Österreich übergewichtig und leidet deshalb an Folgekrankheiten wie Diabetes oder an Schädigungen des Bewegungsapparates. Neben gesundheitlichen Risiken spielen vor allem die psychischen Probleme eine wichtige Rolle.

 

Gefährlich am Übergewicht sind die gesundheitlichen Risiken, die vor allem bei einer Abweichung von 20 Prozent vom Normalgewicht auftreten. Die WHO (Welt-Gesundheits-Organisation) beurteilt Übergewicht und Adipositas als eine eigenständige Krankheit, von der ca. 30% der erwachsenen Bevölkerung in Österreich betroffen sind und mindestens 11% als adipös gelten. Um eine Gefährdung festzustellen kann man unter anderem die allgemein bekannte Formel des Body-Mass-Index (BMI) verwenden, wo eine Relation von Körpergröße zu Gewicht berechnet wird. Aufgrund des BMI erfolgt die Unterteilung in Normalgewicht (BMI 20-25), Übergewicht (BMI 25-30), Adipositas (Fettsucht) mit einem BMI von 30 ­ 40 und die schwere Adipositas mit einem BMI über 40.

Wenn Kinder Altersdiabetes bekommen

Der Begriff Altersdiabetes ist bereites überholt. Das liegt daran, dass Diabetes nicht nur mehr - wie der Begriff andeutet ­ erst im hohen Alter auftritt, sondern immer mehr Kinder und Jugendliche unter dieser Zuckerkrankheit leiden, die auf Fettleibigkeit zurückzuführen ist. Eigentlich lag das Alter der von dieser Krankheit betroffenen Zielgruppe bei 50 plus. Aber falsche Ernährung und zu wenig Bewegung führen dazu, dass immer mehr Kinder zwischen 10 und 13 Jahren bereits bis zu 120 kg auf die Waage bringen. Fettleibigkeit ist nicht zu unterschätzen und darf auf keinen Fall bagatellisiert werden. Adipositas ist eine Krankheit die behandelt werden muss. So nehmen zum Beispiel 40% der Kinder mit adipösen Symptomen im siebten Lebensjahr diese mit ins Erwachsenalter und 7 von 10 übergewichtigen Jugendlichen bleiben stark übergewichtig.

Fett ist "in"

Einer der Hauptgründe der alarmierenden Zunahme an fettleibigen Kindern ist im verstärkten Verzehr von Fast food zu finden. Laut einer Studie der Forscher der Bloomberg School of Health in Baltimore kommt es aber gar nicht so sehr auf den Inhalt an, sondern viel mehr lockt das Drumherum. Das heißt, dass Kids vor allem zu jenen Produkten greifen, die in ihnen bekannten Markenverpackungen stecken. Konkret wurden 63 Kindern aus der Vorschule im Alter zwischen drei und fünf Jahren zwei verschiedene Packungen "Happy Meal" mit demselben Inhalt gegeben. Der Inhalt war bei beiden Packungen der gleiche, angeliefert aus der lokalen McDonalds-Filiale. Aber nur eine der Verpackungen war die original Verpackung von McDonalds. Die andere bestand aus einem neutralen Papier, ohne Logo.

Nach dem Verzehr wurden die Kinder befragt, welches Essen ihnen besser geschmeckt habe. Es zeigte sich, dass 76% der Kinder angaben, dass die Pommes aus der Tüte mit dem McDonalds -Logo besser schmeckten, als die aus der neutralen Tüte. 13% hingegen gaben an, dass die Pommes aus der neutralen Tüte besser geschmeckt hatten, als die aus der als von McDonalds gekennzeichneten Tüte. Bei den Nuggets gaben 60% an, dass die aus der McDonalds - Tüte besser gewesen sind, 10% waren der gegenteiligen Meinung.

Überraschend für die Forscher war, dass die Marken-Bevorzugung bereits bei Kindern im untersuchten Alter festzustellen ist. In anderen Untersuchungen zeigte sich, dass in Haushalten mit Fernsehgeräten eine eindeutige Präferenz für Markenprodukte herrscht. Werbung wirkt, auch und vor allem bei bei Kindern.

Heinz Freisling, Ernährungswissenschaftler an der Universität Wien meint dazu, dass es Kindern nicht primär um das Essen gehe sondern vor allem auch um die Atmosphäre; dem Essen beigepackte Geschenke oder andere Aufmerksamkeiten machen Kinder zu Fastfood - Junkies. Wie die Nahrung schmeckt, ist also nicht so bedeutend (und können sie vielleicht gar nicht mehr wahrnehmen), wie die Tüte, in der sie steckt - siehe die Studie aus Baltimore. Aus diesem Grund erwägt die EU schon seit längerem ein generelles Werbeverbot für Fast-Food - dass dieses Essen ungesund ist, steht außer Frage.

Der schwere Weg zum "leichter Fühlen"

Neben der richtigen Nahrungsumstellung für adipöse Kinder und Jugendliche spielt die Bewegung eine wichtige Rolle. Wichtig bei der Umstellung der Ernährung ist Nachhaltigkeit statt Diäten, denn Diäten würden bedeuten, seine Ernährung nur für kurze Zeit umzustellen um danach wieder in das alte Verhalten zurückzufallen ­ willkommen im Jojo-Land. Nachhaltige Umstellung heißt, dass man die Gewohnheiten verändern muss, für immer. Anders Essen heißt aber nicht, schlechter essen, im Gegenteil, es solle den Betroffenen besser gehen, physisch wie psychisch. Deshalb ist es auch nicht zielführend, für eine kurze Zeit intensiv den Hometrainer zu benutzen, sondern Bewegung sollte normal, alltäglich und absolut selbstverständlich werden, so wie eben auch das Essen. Aktivität macht Spaß, vor allem in den Kindern steckt diese Lust am "Austoben" noch in den Knochen.

Nicht zu vernachlässigen ist natürlich die psychische Komponente. Dicke Kinder fühlen sich meist auch unwohl. Sie werden gehänselt, leiden unter Leistungsschwäche, sind träge und lustlos oder stopfen Essen in sich hinein, weil sie unglücklich sind. Familiäre oder schulische Probleme werden mit Schokolade weggeputzt, der Streit mit der Freundin wird mit einem Burger verdrückt und der Ärger über das eigene Versagen wird mit den Chips und Cola hinuntergeschluckt.

Quelle: pressetext.at

 

 

Unser Kommentar: Fast food ist in aller Munde, oder ist es nicht doch eher "fast ­ Futter"? Dicke Kinder sind kein Problem, sondenr dicke Kinder haben Probleme. Sie werden krank und ihre Lebensqualität sinkt enorm. Oft haben sie kein Gefühl mehr dafür, was ihnen gut tut, was darauf zu antworten ist, wenn eine (beleibte) Mutter (auch Vater!) meint, dass es dem Kind ja so gut schmeckt und man ihm unmöglich diesen "Genuss" abschlagen kann. Unmengen an Fett und Zucker hineinzuschaufeln um das gähnende Loch in der Seele zu stopfen bringt nichts ­ nur Ärger, Frust, Selbstverachtung und hässliche Kalorien. Essen gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen, viele haben aber verlernt, dieses Grundbedürfnis wahrzunehmen, zu essen, wenn sie Hunger haben und so viel zu essen, wie sie brauchen. Heute leben wir scheinbar in einem Paradies - Megapacks und Mengenvorteil lassen die Einkaufswagen überquellen. Nimm drei, zahl zwei und im Dutzend billiger. All dies trägt dazu bei, weit über den Hunger zu essen. Nicht ein Riegel wird genossen, sondern eine ganze Packung (fürs Erste).Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme ­ für ein gemütliches Mahl nehme man ausserdem: köstliche Gerüche und viele verschiedene Geschmacksrichtungen; weiters füge man noch Interesse, Zuhörvermögen, Sympathie, Humor, Teilnahmebereitschaft und Liebe hinzu. Essen ist etwas wunderbares und wenn man es mit einem lieben Menschen teilen kann, sei es die Freundin, die Eltern oder einfach der Kollege, dann bekommt es die Bedeutung die es hat (neben der Sättigung): Genuss und Freude. In einer Zeit, in der unsere Sinne vom gewaltigen Angebot an "Junkfood" betäubt werden, müssen wir anscheinend erst wieder lerne,n das wirklich Gute zu schmecken - oder wie kann es sonst sein, dass ein Kind meinte: "Ich esse keine Kartoffel. Ich will Pommes!"

Birgit Oberwalder/Zentrum Rodaun

 

Ein Hinweis: Zentrum Rodaun plant ab 2008 ein spezielles langfristiges Betreuungsprogramm für übergewichtige Kinder. Nähere Informationen geben wir Ihnen gerne.

 

Links:

Österreichisches Gesundheitsportal: http://www.gesund.co.at

Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde: http://www.docs4you.at

Pressetext : Werbung und Junkfood

Pressetext : Dickleibigkeit auch in China

 

Literaturtipps:

Helga Momm-Zach: Adipositas - Der Leidensweg der dicken Kinder. Bestellmöglichkeit bei amazon.at!

Eric Schlosser und Heike Schlatterer: Fast Food Gesellschaft. Sonderausgabe. Fette Gewinne, faules System. Bestellmöglichkeit bei amazon.at!

Sasha Walleczek: Die Walleczek-Methode. Bestellmöglichkeit bei amazon.at!


Weitere Informationen zu diesem Themenbereich finden Sie in unserem Beiträgen

14 Mio. Kinder in Europa sind übergewichtig

Kleinere Portionen - schlankere Menschen

So wird das Leben wieder leichter

Die Zahl übergewichtiger Kinder steigt

 

 


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